LIFE
WITH A HANDBRAKE

Leben mit ME/CFS

ME/CFS: Eine unterschätzte Unbekannte

Stell dir vor, dein Körper ist wie ein Auto, das nicht mehr als den ersten Gang schalten kann – egal wie sehr du aufs Gaspedal drückst. Selbst die einfachsten Aufgaben werden mühsam, und der Motor droht jederzeit abzusaufen. Gibst Du trotzdem mal Alles um Dein Ziel zu erreichen, überhitzt die Maschine und irgendwas geht kaputt. Manchmal irreparabel.

Willkommen in der Welt von ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome), einer Krankheit, die so komplex wie ihr Name ist und deren wahres Gesicht oft im Schatten der öffentlichen Wahrnehmung bleibt.

Was ist ME/CFS?

ME/CFS ist keine „gewöhnliche Müdigkeit“. Sie ist eine schwere, chronische Multisystem-Erkrankung, die das Leben von Millionen Menschen weltweit nachhaltig beeinträchtigt. Die Betroffenen fühlen sich nicht nur erschöpft, sondern erleben eine erdrückende, körperliche und geistige Schwäche, die durch Ruhe nicht besser wird. Hinzu kommen Symptome wie Konzentrationsprobleme („Brain Fog“), Muskelschmerzen, Schlafstörungen und eine unerklärliche Verschlimmerung der Beschwerden nach Belastung, die als *Post-Exertional Malaise* (PEM) bezeichnet wird. Dabei reicht oft schon ein kurzer Spaziergang oder ein Gespräch, um den Zustand dramatisch zu verschlechtern.

Leben auf Sparflamme

Während die meisten Menschen mit voller Batterie durchs Leben gehen, laufen Betroffene auf Reserve – und das ständig. Manche können ihren Alltag noch eingeschränkt bewältigen, andere sind ans Bett oder den Rollstuhl gebunden. Es ist, als würde das eigene Körperkonto stets im Minus stehen. Für viele bedeutet dies den Verlust von Arbeit, sozialen Kontakten und Lebensqualität.

Viele Rätsel

Die genauen Ursachen von ME/CFS sind noch nicht vollständig geklärt. Viele Forschende vermuten eine Fehlfunktion des Immunsystems, möglicherweise ausgelöst durch Virusinfektionen oder andere Stressfaktoren. Was sicher ist: ME/CFS ist keine Einbildung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat sie längst als neurologische Erkrankung anerkannt – doch die öffentliche Aufmerksamkeit und die Forschungsgelder hinken hinterher.

Der Fluch der Unsichtbarkeit

Einer der größten Stolpersteine ist das unsichtbare Leid der Betroffenen. Anders als ein gebrochener Arm oder eine sichtbare Wunde hat ME/CFS keine „offensichtlichen“ Marker. Das führt oft zu Unverständnis oder gar Fehldiagnosen wie Depression oder Burnout. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Es handelt sich um eine eigenständige und lebensverändernde Krankheit, die mehr Beachtung verdient.

Hoffnung am Horizont?

In den letzten Jahren hat sich in der Forschung einiges getan. Neue Studien deuten auf spezifische biomolekulare Abweichungen hin, und mit der wachsenden Aufmerksamkeit nach der COVID-19-Pandemie – die bei einigen Betroffenen ein ähnliches Krankheitsbild namens Long COVID auslöste – rückt ME/CFS vermehrt ins Rampenlicht. Doch es braucht weiterhin mehr Engagement, bessere Diagnostik und vor allem wirksame Therapien.

Warum Du das wissen solltest?

ME/CFS kann jeden treffen, unabhängig von Alter oder Lebensstil. Es ist eine Krankheit, die oft übersehen wird, obwohl sie nicht nur die Betroffenen, sondern auch deren Familien und Gesellschaften belastet. Wer sich informiert, kann nicht nur Empathie zeigen, sondern auch dazu beitragen, dass diese stille Epidemie nicht länger im Verborgenen bleibt.

ME/CFS ist wie ein unsichtbarer Riese, der Leben auf den Kopf stellt – eine Herausforderung, die mehr Aufmerksamkeit, Verständnis und Forschung verdient. Lass uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Krankheit aus dem Schatten tritt und Betroffene die Unterstützung erhalten, die sie dringend brauchen.

Schwarz-Weiß-Porträt eines Mannes mit Brille, langem Bart und moderner Frisur, der eine dunkle Weste und ein dunkles Hemd trägt. Er steht mit verschränkten Armen vor einem dunklen Hintergrund und blickt direkt in die Kamera.

Über mich

Mein Name ist Christian: Jahrgang '79, glücklich verheiratet und mit Mann, Hund und Katze fest verwurzelt im wunderschönen Maifeld. Ich bin Inhaber einer Manufaktur für Naturseifen, in der ich mich mit viel Leidenschaft handwerklich und kreativ austobe. Nach einer COVID-Infektion Ende 2022 änderte sich alles: ME/CFS übernahm mein Leben und stellt mich und meine Liebsten seither täglich vor neue Herausforderungen. Challenge accepted!

Warum diese Seite?

ME/CFS ist trotz aller Aufklärungsarbeit immer noch weitestgehend unbekannt. Und aufgrund ihrer doch eher seltsamen Symptomatik auch wenig akzeptiert – sowohl in der Gesellschaft wie auch in der Medizin. Das führt für uns Betroffene zu einer ganzen Reihe zusätzlicher Belastungen, und meine eigene Erfahrung zeigt, dass es genau diese Belastungen sind, die uns weiter in die Krankheit treiben.

Ich möchte deshalb mit dieser Seite einen Einblick geben, wie das Leben als „nur“ moderat Betroffener plötzlich ganz anders läuft, welche Hürden genommen werden müssen und wo es Licht am Horizont gibt.

Diese Seite ist aber auch für mich selbst: ein Tagebuch und eine Möglichkeit zu reflektieren oder auch mal das Ein oder Andere einfach in die Welt hinauszuschreien – in eine Welt, an der ich aufgrund von ME/CFS nur sehr bedingt teilhaben kann.