Es ist schon bald zwei Jahre her, als ich zum ersten Mal seltsame Hautprobleme bekam. Damals nur an den Händen: plötzlich und unvermittelt bekam ich zwischen den Fingern sehr schmerzhafte und stark juckende Bläschen, die Wochen zum Abheilen brauchten. Von Arztseite aus schob man das entweder auf eine Disydrosis (weil ich ja berufsbedingt viel mit Handschuhen und im Wasser arbeite nicht ganz so abwegig) oder auf eine Kontaktallergie. Warum das ausgerechnet dann auftrat, wenn ich wieder einen (meiner damals noch unerklärten) Fieberschübe hatte, blieb unbeachtet und unerklärt.
Das ganze wurde seltener und ich hatte es schon fast vergessen (oder mich daran gewöhnt). Und dann kam es im Frühjahr ’25 wieder zurück: zuerst wieder nur an den Händen, dann auch überall dort, wo die Haut mechanisch gereizt wird. Sockenbündchen, Hosennähte, T-Shirt-Kragen. Mit dem Rest einer furchtbar pappigen Cortisonsalbe konnte ich da noch verhindern, dass es wirklich schlimm wird.
Als es dann im Frühsommer wärmer wurde, ist das Ganze eskaliert. Aus ein bisschen Jucken oder ein paar Bläschen wurden heftige Läsionen. Es fängt an mit einer plötzlichen, starken und scharf begrenzten Schwellung. Und die tut heftig weh: oberflächlich brennt es, und tief im Gewebe spüre ich dann einen dumpfen Schmerz wie nach einer Prellung. Nach ein paar Stunden geht die Schwellung zurück und es bilden sich kleine, harte Bläschen, die unerträglich jucken. Ringsherum wird alles blau-rot. Nach ein paar Tagen gehen die Bläschen dann weg, die Haut schält sich und es bleibt über Wochen ein roter Fleck, der aussieht wie ein Brandmal.
Auslöser sind eigentlich immer mechanische Reize wie Druck oder Reibung, und das konnte bei einer findigen Hautärztin auch gut reproduziert werden. In Kombination mit Wärme wird es noch schlimmer. Das führt dazu, dass ich tagsüber kaum Kleidung ertragen kann und mich nachts drehe wie ein Grillhähnchen. Denn liege ich länger auf einer Stelle, folgt unmittelbar als Ouvertüre ein quälender Juckreiz, und wenn ich dann nicht reagiere wird’s wieder hässlich.
Was hilft ist eine grausige Überdosis Antihistaminika in Kombination mit Leukotrienrezeptor-Antagonisten und lokaler Behandlung mit recht hoch dosiertem Kortison. Und Aufpassen hilft: nicht in die direkte Sonne, keine enge Kleidung und nicht lange Sitzen, sonst passiert der Spaß am Allerwertesten und auf den Oberschenkeln, wo die Hose etwas spannt und die Arme aufliegen. Weil lange Stehen aber auch nicht geht, sind wir nun auch tagsüber endgültig beim Grillhähnchen angekommen.
Neben vorsichtigem Umgang mit meinen Energieressourcen muss ich nun auch aufpassen, was ich wie anfasse. Während meines Wiedereingliederungsversuches sind mir Zangen und Schraubendreher zum Verhängnis geworden und haben zu Schäden am Handballen geführt, und das passiert mir hin und wieder auch beim Kochen. Nicht zu fest und zu lange zugreifen ist hier die neue Devise.
Eine abschließende medizinische Erklärung der Ursache gibt es nicht. Die Laborwerte waren wie so oft uneindeutig. Immerhin gab es von der Hautärztin die Diagnose „Urticaria factitia“, ein weiteres Symptom auf einer langen Liste. Was von außen gern belächelt wird, raubt mir phasenweise den letzten verbliebenen Nerv und schränkt mich in meinem Tun noch weiter und manchmal erheblich ein.